18.10.2022

Braucht hybrides Arbeiten das Büro? 🤔

Beide sind Enabler neuer Arbeitswelten 🤝🏻: Björn Bialon, Gründer und CEO von CALEO, dem Hub für ganzheitliche und nachhaltige Lösungen in der gewerblichen Immobilienbranche. Und New-Work-Experte Karsten Kossatz, der mit seinem Start-up Independesk deutschlandweit Coworking- und Flexoffice-Spaces vermittelt. In einem (Streit-)Gespräch tauschen beide ihre Positionen zu hybridem Arbeiten aus und klären, warum das klassische Büro in Zeiten von Home- und Flexoffice dennoch seine Berechtigung haben kann. 🥳

Karsten Kossatz: Büros stehen nachts meist leer. Die durchschnittliche Betriebsdauer beträgt zwölf Stunden pro Tag an 255 regulären Betriebstagen im Jahr. Das ergibt eine tatsächliche Nutzungszeit von 35 Prozent. Brauchen wir überhaupt noch ein klassisches Büro? 🤷🏻‍♂️

Björn Bialon: Keine Immobilie der Welt hat eine 100%ige Ausnutzung. Wir können in Zukunft alle von überall oder nur noch von zu Hause arbeiten. Die Fragestellung müsste aber vielmehr lauten: Sollten wir ein Büro haben? Also eine Anlaufstelle, in der wir zusammenfinden und einen persönlichen Austausch stattfinden lassen. 👋🏼 Ich plädiere absolut dafür. Diese Statistik halte ich für eine coronabedingte Momentaufnahme. Ich stelle ja auch meine Wohnung nicht infrage, nur weil ich hier umgekehrt meist nachts bin und tagsüber nicht.

Kossatz: Aber während der Pandemie 🦠 sind zunehmend dynamische Arbeitsmodelle und neue Arbeitsorte entstanden.

Bialon: Während der Corona-Zeit haben sich die Leute nach dem persönlichen Austausch mit Kollegen gesehnt. Wir sollten uns die Frage stellen, ob wir in Zukunft nur noch in virtuellen Welten und dem Homeoffice verschwinden wollen.👨🏻‍💻 Die Corona-Pandemie hat viel Dynamik in die Gestaltung der Arbeitswelt gebracht. Ich bin eindeutig der Meinung, dass der Mensch als soziales Wesen einen gemeinsamen Treffpunkt und den persönlichen Austausch braucht.

Kossatz: Also alle wieder zurück ins Büro? Das halte ich nicht mehr für zeitgemäß. 🕰️

Bialon: Es macht – wie überall – die richtige Mischung. Auch die Gestaltung der Arbeitsflächen ist wichtig. Wir müssen Orte schaffen, an denen man gerne arbeitet und die man auch privat besuchen würde. Flexibilität, Vielseitigkeit und Attraktivität sind die drei zentralen Schlagworte in dieser Diskussion. 🎡

Kossatz: Warum sucht man sich als Team nicht einmal pro Woche oder Monat einen Ort, an dem man zusammenkommt? Braucht es die Verortung eines Unternehmens in Bezug auf die Firmenkultur? 🏢

Bialon: Das brauchen wir im privaten Bereich ja auch. Etwas, das wir Heimat nennen und wo wir unseren geschützten Bereich haben. Es mag Unternehmen geben, bei denen es funktioniert, völlig auf flexible Lösungen zu setzen. Es gibt aber auch Firmen, die eine feste Anlaufstelle brauchen. 📍

Kossatz: Ich dachte, wir sind beim Thema hybrides Arbeiten auf einem Nenner? 💥

Bialon: Die Zeit im Homeoffice hat u. a. viele Fragen aufgeworfen, z. B. der Verarbeitung sensibler Daten. ⚖️ Auch Arbeitsplatz-Ergonomie ist ein wichtiges Thema. Viele haben keinen geeigneten Arbeitsplatz zu Hause, sitzen am Küchentisch und beklagen sich über Rückenschmerzen oder haben Kinder um sich herum und brauchen einen Ort, an dem sie in Ruhe arbeiten können.

Kossatz: In Flexoffices finden diese Menschen die nötige Ruhe und auch die ergonomisch richtige Möblierung.💡

Bialon: Aber meist auch nur in den teureren Privateoffice-Konzepten 💰 und nicht unbedingt im CoWorking. Momentan stellen Unternehmen teilweise fest, dass nur ein bestimmter Anteil an Mitarbeitern gleichzeitig im Büro ist und daher nicht mehr so viel Bürofläche benötigt wird. Es gibt aber auch schon wieder gegenläufige Trends und man muss berücksichtigen, dass so etwas nicht überall funktioniert.

Kossatz: Inwiefern gegenläufig? Menschen verbringen derzeit nur 45 Prozent ihrer Arbeitszeit im Büro. Ich bin davon überzeugt, dass es Momente gibt, in denen wir physisch zusammen sein müssen. Aber muss das in einem Büro sein? 🤔

Bialon: Das Wort "derzeit" ist das Stichwort dieser Zahl. Einige haben lautstark das Homeoffice 🏡 eingefordert und danach gemerkt, dass es gar nichts für sie ist und sie doch eine feste Anlaufstelle brauchen. Was hinzukommt: Flexibilität kostet Geld. Wenn ich jeden Tag eine flexible Lösung nutze, dann zahle ich wesentlich mehr pro Arbeitsplatz. Ich vergleiche es immer mit dem All-Inclusive-Hotel. Nicht jeder nimmt alles in Anspruch und ärgert sich dann, dass er nicht fünf Mal pro Tag am Büfett steht. Es kommt immer auf maßgeschneiderte Konzepte an.

Kossatz: Einige Unternehmen haben inzwischen weniger Arbeitsplätze im Büro als Mitarbeiter, sodass gar nicht alle gleichzeitig da sein könnten. Dennoch gibt es viel ungenutzten Platz, der mit Blick auf den Winter ❄️ auch warm gehalten werden muss. Wie gehen Unternehmen damit momentan um?

Bialon: Räume in denen wir arbeiten, müssen überall warm gehalten werden. Ob zuhause, im Cafe, ☕ im Flexoffice oder Headquarter. Es handelt sich ja lediglich um eine Verlagerung. Wir haben seit dem Beginn der Corona-Pandemie aber einen Trend zur Untervermietung festgestellt. Kapazitäten, die man kurz- oder langfristig nicht braucht, werden fremdvermietet.

Kossatz: Führt die durch Krisen geprägte Zeit zu einem geänderten Suchverhalten? 🔎 Sind eher Großraumbüros, Cubicles oder Einzelbüros gefragt?

Bialon: Das ist branchenspezifisch. Die Flächenkonzepte haben sich wenig verändert, außer dass Lounge- und Community-Bereiche und Rückzugsorte bedeutender geworden sind. 🛋️ Früher war es der Tischkicker, aber das reicht heutzutage nicht mehr aus.

Kossatz: Geht angesichts des Trends zu hybridem Arbeiten auch die Mietdauer zurück? 🕰️

Bialon: Einige achten darauf, dass sie sich nicht mehr so lange binden und kürzere Mietverträge abschließen, um agil auf Veränderungen reagieren zu können. Im konventionellen Bereich liegt die Mietdauer üblicherweise bei mindestens drei bis fünf Jahren. Wir empfehlen dann immer, einen gewissen Grundsockel anzumieten und Gebäude zu finden, wo Flexoffice- oder Business-Center-Lösungen zusätzlich im Haus sind, die man spontan anmieten kann, um flexibel bleiben zu können. Für viele Branchen, z. B. Mediziner, ist aber eine sehr langfristige Anmietung mit mindestens 10 bis 15 Jahren wichtig. 📃

Kossatz: Sehr sinnvoll, sich so ein fraktionelles Modell aufzubauen, das sich wie ein Puzzle zusammensetzt. Aber zurück zu den Großraumbüros. Ich habe beobachtet, dass Großraumbüros nicht funktionieren, weil es zu laut ist und man sich nicht konzentrieren kann. 📢 Wasser auf meine Mühlen.

Bialon: Ich würde sagen, das ist deine Meinung. Großraumbüro ist immer noch ein aktuelles Thema. Man muss natürlich darauf achten, wie man die Büros ausstattet und ob man eventuell Schallschutzelemente nutzt. Es ist auch eine Frage der Flächeneffizienz. Wenn ich jeden in einen einzelnen Raum setze, brauche ich am Ende des Tages mehr Fläche. Es ist also nicht nur eine Trend-, sondern vor allem auch eine Preisfrage.💰